Bau eines LED-Fahrrad-Fernscheinwerfer V4.0

"Siehst du DIESES Licht?!" - Blues Brothers


(alle Bilder sind klickbar für vergrößerte Ansicht)

Einleitung

Nach dem erfolgreichen Bau und Betrieb der Luxeon Doppel-Fernscheinwerfer Delgado, Maxi und Kant sollte mein nächster Fernscheinwerfer kleiner, leichter und vor allem heller werden. Gerade passend dazu kamen die neuen SSC Z-Power P4 LEDs auf den Markt.

Elektrisches

Sehr ähnlich wie beim Delgado:
nur anstelle der Luxeon III (LW3C) werden dieses mal Z-Power P4 LEDs in Reihe verwendet hinter einem Schottky-Gleichrichter am (Naben-)Dynamo.

Die Z-Power P4 sind fast baugleich mit meinen bisher favourisierten Luxeon III (beides mal Star Bauform) und haben auch dieselben elektrischen Anschlusswerte. Nur die Lichtausbeute, also Lumen pro Watt, ist fast drei mal so hoch!

WARNUNG

Dieser Scheinwerfer ist für den Betrieb an einem Fahrrad-(Naben)-Dynamo ausgelegt. Der Betrieb an Akkus, Batterien, Netzteilen oder anderen Spannungsquellen kann ihn innerhalb von Sekundenbruchteilen zerstören.

LEDs verhalten sich elektrisch völlig anders als klassische Glühbirnen.

Wer sich nicht mit LEDs auskennt, sollte try-and-error-Experimente damit tunlichst unterlassen. Mir sind einige Fälle von Nachbauern bekannt, die ihre Scheinwerfer zerstört haben, weil sie sich nicht an meine Anleitung gehalten haben und andere Stromversorgungen als einen Nabendynamo benutzt haben.

Ein Betrieb mit Akkus ist zwar prinzipiell möglich, ich habe es auch selber an meinem Winter-Spass-Rad so im Einsatz. Die Gefahr, damit die LEDs zu zerstören ist aber derart hoch, dass ich die Anleitung dazu offline genommen habe. Wer sich auskennt, für den ist es kein Problem, Akku-Betrieb zu realisieren. Für elektrische Anfänger gilt aber: "Kids, don't try this at home!"

Optisches

Ähnlich wie beim Delgado:
Verwendung findet die Kollimator-Optik "Mobdar" des Herstellers Gaggione.

Optimiert ist der Mobdar für den Einsatz mit Luxeon LEDs. Die SSC Z-Power P4 LED ist mit der Luxeon III fast baugleich, allerdings eben nur fast. Kombiniert man sie mit dem Mobdar, so erhält man ein wenig homogones Licht:
In der Mitte ein sehr kleiner und extrem heller Spot und aussen rum, deutlich breiter als bei der Kombination Mobdar+Luxeon, ein diffuser Bereich.

Abhilfe brachte ein Tipp von Michael Wandinger: Der Mobdar hat einen ca 0.4 mm tiefen Absatz, der die LED bzw. deren Ring zentriert. Diesen Absatz muss man auf insgesamt 0.8 mm vertiefen. Am besten geht das mit einem 8 mm Schaftfräser. Danach erhält man mit Z-Power P4 ein noch besseres, weil homogeneres Lichtbild als zuvor mit Luxeon III - und heller sowieso :-)

Oder man greift zu Plan B und verwendet Cree XM-L2 LEDs. Diese machen mit der Mobdar Optik ein breiteres und homogeneres Lichtbild. Allerdings auf Kosten der Reichweite: eine SSC P4 LED erbringt mit "tiefergelegtem" Mobdar ein Fernlicht, das etwas weiter reicht. SSC P4 LED mit nicht-modifiziertem Mobdar ist dagegen nicht zu empfehlen. Die Cree XM-L2 LEDs haben zudem noch den Vorteil, dass sie bis zu 3 A Maximalstrom verkraften. Das bringt zwar nichts am Dynamo, weil der konstruktionsbedingt auf ca 550 mA beschränkt ist, aber man kann mittels Akku (6 Zellen LSD-NiMH) eine prima Lichthupe realisieren :-)
Damit die Cree XM-L2 in den Mobdar passt, muss dieser auf 7 mm vorsichtig aufgebohrt werden. Dabei nicht tiefer als 1 mm bohren!
Das geht aber wesentlich einfacher als mit der SSC P4, da man hierzu keinen Schaftfräser benötigt, ein normaler Spiralbohrer tut es hier, weil kein Absatz benötigt wird. Der Mobdar sitzt danach direkt auf dem Star auf.

Alle Versuche von mir mit anderen Optiken, zB von Fraen, Carclo, IMS Laser, usw erbrachten schlechte bis sehr schlechte Ergebnisse. Mit großem Abstand war Mobdar die beste Optik für den Einsatz im Fernscheinwerfer.

mechanischer Aufbau

Das Gehäuse besteht aus zwei Teilen: Dem Aluminium-Kühlkörperboden und dem Plexiglas-Rohr als Optikhalter.

Conrad hat einen passenden Rippen-Kühlkörper im Programm mit 100x100 mm.
Von diesem werden 40x40 mm große Stücke herausgesägt:

Weil dieses mal auch "schick" im Lastenheft steht, wird dieser Kühlkörperboden noch rundgedreht und mit einer 3x1 mm Ansenkung versehen. Funktional hat dieses Runddrehen aber keine Bedeutung, es fördert nur den Primärreizfaktor :-)

UPDATE: Inzwischen bietet LED-TECH.DE einen passenden Rundkühlkörper an, das selber runddrehen erübrigt sich somit!

Am Rand oben wird ein 3 mm Loch gebohrt, durch das später die LED-Anschlusslitze kommt. Quer durch die Kühlrippen wird ein M5 Gewindesackloch gebohrt. Wenn kein Gewindebohrer verfügbar ist, kann es auch ein durchgendes glattes 5 mm Loch werden. Dann muss später eben eine Mutter aussen auf die Montageschraube aufgeschraubt werden. Ist dann etwas weniger "schick", hält aber genauso.

Von einem 40x2 mm Plexiglasrohr werden 23 mm hohe Stücke abgesägt.

Wiederum zur Steigerung des Primärreizfaktor werden diese mit blauer Transparenzfolie beklebt.

Der Kühlkörperboden und die LED Rückseite werden mit 400-800er Schleifpapier angeschliffen und mit Alkohol entfettet.

Zwischen LED und Kühlkörperboden kommt eine dünne Lage Zweikomponenten-Epoxidkleber.

Dieses mal hab ich dafür "Arctic Silver" verwendet, das zwar relativ teuer ist, aber auch eine 40 mal höhere Wärmeleitfähigkeit als gewöhnlicher Epoxidkleber besitzt. Man braucht pro LED davon ja nur winzige Mengen.

UPDATE: "Arctic Silver" gibts leider nicht mehr, als Alternative bietet sich Silverbead Wärmeleitkleber an

Leider habe ich vergessen, von der LED-Verklebung Bilder zu machen, aber es sieht ungefähr so aus:

(nachgestellte Szene :-) )

ACHTUNG: Die Mobdar-Optiken sind zwar rotationssymmetrisch, die LEDs aber nicht! Die eigentliche Emitterfläche ist rechteckig und die wird von der Optik auch so projeziert. Man sollte daher die LEDs so legen, dass die Emitterkanten horizontal und vertikal liegen, sonst bekommt man später auf Eck stehende Vierecke als innere Lichtkegel.

Die LED wird verdrahtet (15 W Lötkolben reicht). Vor dem Aufkleben des Plexiglasrohrs mit PMMA-Kleber wird dieses noch mit blauer Transparenzfolie aussen beklebt. Das Loch der Litzenzuführung wird 2K-Epoxidkleber verschlossen. Dies dient zur Zugentlastung (wichtig!!) und sorgt zugleich für Dichtigkeit.

Wichtig: der Mobdar sollte schon lose eingesetzt werden als Zentrierhilfe.

Der Mobdar hat einen Aussendurchmesser von 35.6 mm, passt also wunderbar in die 36 mm Öffnung des Rohrs. Damit er darin Halt findet, wird er eingeklebt. Dabei achten, dass nicht zuviel Kleber verwendet wird, der dann über die Optik läuft, sondern nur so viel, dass grad der Spalt überdeckt wird.

Dieses mal habe ich anstelle eines normalen 5-Minuten-Klebers, der mir zu schnell fest wurde, Pollin "30 Minuten-Epoxykleber" genommen. Endlich keinen Stress mehr beim Kleben :-)

Allerdings wird auch der "30 Minuten" Kleber zu schnell fest bzw zu hochviskos um in einem Durchgang beide Plexiglasrohre und beide Mobdars sauber zu verkleben. Ich rate daher dies in zwei "Klebesessions" (erst Rohre, dann Optiken verkleben) zu machen, also zwei mal hintereinander Kleber anrühren!

Leider sind Epoxidkleber nicht UV-stabil und vergilben mit der Zeit.
Als besser hat sich MS-Polymer Kleber erwiesen, der mit Luftfeuchtigkeit aushärtet.

Tipp: Alle nötigen Löcher vor dem Kleben bohren!

Als Scheinwerferhalter habe ich dieses mal eine Gepäckträger- Edelstahlstrebe verwendet, die bei meinem Fahrradhändler im Schrott lag. Aluminium verbietet sich hier, weil es nicht dauerschwingungsstabil ist und früher oder später brechen wird.

Auch für Müller gilt dasselbe wie für Delgado, Maxi und Kant: das ist ein stark blendender Fernscheinwerfer und muss bei (Fahrrad-)Gegenverkehr ausgeschaltet werden!

Am besten eignet sich dafür ein Schalter in Bremsgriffnähe, so dass man mit locker Fingerschnippen Auf/Abblenden kann.

Damit man dann nicht ganz ohne Licht dasteht, ist ein weiterer Abblendscheinwerfer nötig. Ich habe dieses mal dazu einen kommerziellen Fahrradscheinwerfer genommen, einen B&M DLumotec Topal.

Ausleuchtung und Lichtvergleich

Da Müller optisch identisch zum Maxi ist, hat er auch eine ähnliche Ausleuchtung, nur knapp doppelt so hell. Siehe "Maxi" in Olaf Schultz Scheinwerferausleuchtungsdiagramme. Dort finden sich auch Ausleuchtungsdiagramme vieler anderer Scheinwerfer, wie die vom Bisy, E6 oder Lumotec Topal.

Für einen einfachen direkten Helligkeitsvergleich habe ich mal einen Bisy/E6 (anerkanntermaßen der beste kommerzielle Halogen-Fahrradscheinwerfer) mit 3 W Halogen-Lampe (gesetzlich erlaubt sind nur 2.4 W !), einen Müller mit Z-Power P4 und einen Maxi mit Luxeon III nebeneinander auf eine Hauswand strahlen lassen und fotografiert. Alle Scheinwerfer wurden mit exakt 500 mA betrieben, was für den Halogenscheinwerfer genau der Nennstrom ist, die LEDs dagegen vertragen doppelt so viel Strom und wären damit entsprechend heller. Die 500 mA sind aber realitätsnäher, also praxisgerechter, weil Fahrraddynamos maximal 500-600 mA abgeben.


Bisy -- Müller -- Maxi

Man kann hier auch gut erkennen, wie der Lichtaustritt des Bisy oben hart abgeschnitten ist um Blendung des Gegenverkehrs zu verhindern, was bei den rotationssymmetrischen Mobdar-Optiken leider nicht der Fall ist. Deshalb dürfen die nur als Fernscheinwerfer eingesetzt werden.

Damit ist Müller etwa 10 mal so hell mein Nahscheinwerfer DLumotec Topal, auf dem Bild in der Mitte zu sehen:

Die blaue Farbe des DLumotec Topal ist original so und passt rein zufällig mit der blauen Transparenzfolie vom Müller überein. Man darf auch mal Glück haben :-)

Ich fahre damit auch tagsüber und immer wieder beschweren sich Autofahrer, dass ich sie blenden würde. Bei Sonnenschein :-)


Hinweis: Marcus Endberg hat einen Müller-Nachbau mit erweiteter Dokumentation erstellt.


Variante Müller E

Nachdem mehrere Leute gejammert hatten, dass Runddrehen von Kühlkörpern nur mit Drehmaschinen möglich sei und die Besorgung von halbtransparenter Folie auch zu schwierig wäre, habe ich jetzt die Variante E von Müller erstellt: E für einfach, eckig.

Zuerst wird vom großen Kühlkörper passende 42x42 mm Stücke runtergesägt und wie zuvor mit M5 Gewindeloch seitlich (oder einfacher: durchgehendes Loch) und 3.2 mm Kabelzuführungsloch versehen:

Die LED wird mittig mit Epoxidkleber aufgeklebt und dabei von Plexiglasrohr und Optik hilfs-zentriert:

Danach werden die LEDs verdrahtet und Plexiglasrohr und Optik mit PMMA-Kleber verklebt:

Dabei nicht vergessen das Kabelzuführungsloch ebenfalls zu verkleben!

Auch hier gilt: nicht zuviel Kleber nehmen, sonst verschmiert dieser die Optik!

Nach einiger Zeit brach dann aber nach einer "Feindberührung" eine Optikeinheit vom Kühlkörper ab. Epoxidkleber auf glattem Aluminium klebt nicht ausreichend.

Verbesserung brachte dann das Bohren von mehreren 2-mm-Löchern in den Kühlkörper im Kreis des Plexiglasrohrs, in die der Kleber dann "Wurzeln schlagen" kann.

Hinweise

Inzwischen habe ich einige andere LED-Scheinwerfer-Modelle entworfen und gebaut.

Diese und andere innovative Fahrradscheinwerfer werden auf der [Rad-Licht] Mailingliste diskutiert.

Die deutsche Strassenverkehrszulassungsordnung schreibt für Fahrräder genau einen dynamobetriebenen 2.4 W Frontscheinwerfer vor (es gibt eine komplizierte Ausnahme speziell für Rennräder), der vom Kraftfahrtbundesamt zugelassen sein muß.

Bei PKWs sind vorne dagegen bis zu 10 Lampen mit insgesamt 330 W erlaubt, bei LKWs noch mehr. Redundante oder gar helle Fahrradbeleuchtung ist also im Geltungsbereich der StVZO verboten. Jeder möge sich seinen Teil dazu denken.

Der hier beschreibene LED-Scheinwerfer darf also in Deutschland nicht auf öffentlichen Straßen verwendet werden. Ich fahr deshalb damit auch nur im Ausland oder auf Privatgelände herum ;-)

Bezugsquellen (beispielhaft):


Ulli 'Framstag' Horlacher