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Mit dem Tandem durch Irland

Autor: Rolf Sampels

In den letzten 6 Jahren haben wir im Sommer immer eine grössere Radtour mit Zelt und Campingkocher gemacht (Bay. Wald, Schottland, Südengland, Salzkammergut, Elsass/Rhein ...).

Nachdem wir uns dieses Jahr Anfang August ein Tandem "Dawes Twin Street" gekauft hatten und bereits 700 km mit viel Freude zurückgelegt hatten, stand fest, dass wir die für September geplante Irlandreise mit dem Tandem bewältigen wollten. Schnell wurden Licht, Gepäckträger und Low-Rider-Halterung nachgerüstet. Aus den 2 Autodachträgern für Fahrräder wurde einer fürs Tandem gebastelt. Dann gab's natürlich noch das Problem mit dem Gepäck. Bisher hatten wir ja 2 Fahrräder zur Verfügung. Daher besorgten wir uns noch Low-Rider-Taschen und am Tag der Abreise von München ersetzten wir auch noch die Aldi-Taschen, die uns in den letzten Jahren ausgereicht hatten, durch neue Taschen, die Dank der besseren Befestigung dem hinteren Gepäck (Taschen, Zelt, Schlafsäcke ...) mehr Halt und damit dem ganzen Gefährt mehr Stabilität gaben.

Dann gings mit dem Auto und dem Tandem auf dem Dach nach Le Havre in Frankreich. Ab hier reisten dann nur noch 2 Personen und ein voll bepacktes Fahrrad nach Rosslare - im äussersten Süd-Osten von Irland gelegen - weiter.

Hier kamen wir um 14 Uhr am nächsten Tag an und machten uns gleich weiter in Richtung Kilkenny auf. Noch leicht schwankend, da wir zum einen noch leicht seekrank waren, zum anderen weil wir das Fahren mit soviel Gepäck bisher nur in der Tiefgarage ausprobiert hatten (wir mussten ja mal testen, ob wir unseren Kram überhaupt auf das Tandem kriegen). Unser Rad erregte überall Aufsehen. Die Kids riefen immer: "Look, a bike for two". Tandems scheint es in Irland nicht gerade viele zu geben. In New Ross, nach ca. 65 km wurden wir dann von einem radsportbegeisterten Iren angesprochen, der uns abriet, die Fahrt nach Kilkenny an diesem Tag noch fortzusetzen und uns zu einem netten, abgelegenen Hostel begleitete, wo wir dann unsere erste Nacht in Irland im Garten des Hostels unter einem Apfelbaum verbrachten.

Wir änderten dann unsere Pläne und beschlossen, Kilkenny auf der Rückreise zu besuchen und fuhren am nächsten Morgen gleich weiter in Richtung Süd- Westen. Bei herrlich Sonnenschein ging es über den ersten Bergrücken. Plötzlich hörten wir einen lauten Knall und wir fuhren vorne gänzlich ohne Luft. Wir sagten uns, dass es auch mal an der Zeit gewesen wäre, da wir auf unseren bisherigen grösseren Touren noch nie eine Panne hatten. Schnell hatten wir den Schlauch geflickt, doch beim Aufpumpen stellten wir fest, dass ein Riss im Mantel, dort wo er in die Felge eintritt, die eigentliche Ursache für den Platten gewesen war. Sandra erinnert sich sofort an die Tandem-Liste, in der ein anderer Dawes Twin-Street Besitzer die Qualität der Mäntel kritisiert hatte. Nun rächte es sich, dass wir trotz dieses guten Tips keinen Ersatz mitgenommen hatten. So blieb uns nichts anderes übrig, als mit ausgehängter Vorderradbremse, denn an dieser hatte sich der herausgeqüllte Schlauch letztlich aufgerieben, vorsichtig weiterzufahren, mit der Hoffnung im nächsten Ort Ersatz zu bekommen. Doch 4 km weiter, kurz vor Carrick-on-Suir fuhren wir schon wieder platt. Sandra blieb beim Fahrrad und ich machte mich zu Fuss auf den Weg zum Fahrradladen. Dort konnte ich zu meiner freudigen Ueberraschung einen Schwalbe Scout ergattern. Einen zweiten Mantel kaufte ich nicht, da wir beim Check des hinteren Mantels noch keinen Verschleiss festgestellt hatten - dies sollte sich noch als Fehler herausstellen. Zuerst aber ging es, nachdem wir den neuen Mantel aufgezogen hatten, guten Mutes weiter über Clonmel Richtung Cahir.
Da wir dort wegen unserer Pannen erst am späten Nachmittag ankamen, konnten wir das Castle nur noch von aussen besichtigen.

Unser Zelt schlugen wir dann abends nach einer 100km Etappe in Clogheen auf einem Campingplatz auf, der wie die meisten Campingplätze, die wir im Verlauf unserer Tour noch ansteuerten, fast leer war. Beim Abnehmen unserer Radtaschen kam dann das nächste technische Problem zum Vorschein. Eine Strebe der Halterung für die linke Lowridertasche war abgebrochen. Hier hatte ich wohl am falschen Ende gespart. Na ja, noch liess sich die Tasche befestigen und wir waren uns sicher, in Cork Ersatz zu bekommen.

Am nächsten, nach einer klaren Nacht noch kühlen Morgen ging es bergauf über eine Strasse, namens "The Vee". Diese führt unten durch dichten Wald - Wald sieht man in Irland sehr selten - und oben in eine karge Berglandschaft, mit Heidekraut, vielen Steinen und zottELigen Schafen. Der Anstieg war im leichtesten Gang beqüm machbar. Auch wenn die Aussicht wegen des noch im Tal liegenden Frühnebels nicht so gut war, wie im Reiseführer versprochen, weckte diese Landschaft erstmals auf dieser Tour unsere Begeisterung für dieses Land. Hinab ging es dann nach Lismore, vorbei an einem schönen Castle, wo wir dann unser verspätetes Frühstück in der nun wärmenden Sonne einnehmen konnten. Dann ging's weiter über Tallow nach Cork. Die Stadt war an diesem Samstag von einkaufenden Menschen überlaufen. Wir gingen nicht von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, sondern von Fahrradladen zu Fahrradladen. Eine Halterung für unsere Low Rider war trotzdem nicht aufzutreiben. Ein Fahrradhändler meinte zwar, dass jedes Jahr zahlreiche Touristen mit diesem Problem zu ihm kommen, alleine letzte Woche schon 3 Radfahrer, aber auf die Idee sein Sortiment zu erweitern, um mit den Touristen ein Geschäft zu machen, kam er wohl nicht. Als wir den Defekt einem weiteren Händler zeigten, mussten wir feststellen, dass die rechte Halterung inzwischen genau an der gleichen Stelle gebrochen war. So beendeten wir die 95km Etappe müde vom erfolglosen Besuch der irischen Fahrradläden und suchten abends Entspannung bei ein paar Guiness. Am nächsten Morgen ging es dann über Bandon weiter nach Skibereen, hoffend, dass die Lowrider noch ein paar Tage halten würden. Hier machten wir einen Abstecher zum Lough Hyne, einem wunderschönen See, in den bei Hochwasser Meerwasser schwappt. Dem daraus resultierendem hohen Salzgehalt des Wassers verdankt der See eine aussergewöhnliche Flora und Fauna. Am späten Nachmittag erreichten wir dann die Halbinsel Mizen. Die Küste, die vorgelagerten Inseln und das glitzernde Meer im Gegenlicht der schon tief stehenden Sonne machte diese Fahrt, die um 19.30 Uhr in Crookhaven im äussersten Süd-Westen Irlands nach 140 Tageskilometern endete, zu einem ganz besonderen Erlebnis.

Nach dieser anstrengenden Etappe und da angekommen, wo Irland wohl ganz besonders schön ist, liessen wir es am nächsten Morgen bei herrlichem Wetter etwas langsamer angehen. Die Lowrider wurden mit Hansaplast neu fixiert. Dann fuhren wir vom Campingplatz aus auf jede Landspitze, die uns gefiehl. Immer wieder machten wir Fotostops und genossen diesen wunderbaren Tag. Wir fuhren nach Mizen Head, besichtigten dort den zum Museum umgebauten und auch als Vogelwarte dienenden Leuchtturm und hatten sogar das Glück, die Rückenflossen eines Delphins im Meer einige Male auftauchen zu sehen. Am Nachmittag ging es dann, an der Nordküste der Halbinsel Mizen mit der Sonne im Rücken, wieder Richtung Osten, über wenig befahrene kleine Strassen, die immer wieder neue, beeindruckende Ausblicke boten, bis nach Bantry. Dort besichtigten wir das Bantry-House - für den Nachmittagstee waren wir (sehr zum Leidwesen des Stokers) leider zu spät. Danach ging's noch ein paar Kilometer weiter bis zum Campingplatz. Die Stolperschwelle in der Einfahrt zu diesem wurde dann dem rechten Lowrider zum Verhängnis. Obwohl wir ganz langsam fuhren, brach er hier ganz ab. Am nächsten Morgen ging's dann erst Mal ohne Gepäck zurück nach Bantry um auch den dortigen Fahrradladen aufzusuchen. Leider ohne Erfolg. Ein Grosshändler, der zufällig gerade da war, meinte, dass eine Bestellung kurzfristig nicht erfolgversprechendd wäre. So beschlossen wir, die Suche aufzugeben.

Zurück am Campingplatz packten wir unsere sieben Sachen zusammen und hängte die LowRidertaschen oben am Frontgepäckträger ein. Und siehe da, mit ein bisschen Uebung war unser Tandem auch jetzt noch steuerbar, so dass wir uns fragten, wieso wir eigentlich soviel Zeit mit der Suche nach LowRidern vertan hatten. Jetzt durfte nur nicht der auch recht billig erstandene Front- Gepäckträger auch noch kaputtgehen.

Der Ring of Beara war unser nächstes Ziel. Hier hat die Landschaft wieder einen ganz anderen Charakter. Die Berge sind höher und felsiger als auf Mizen. Dafür gleitet die Küste oft sanfter ins Meer. Im äusserten Westen brachte uns die kleine kurvenreiche Strasse mit viel Auf und Ab zusammen mit der tollen Landschaft und dem tollen Wetter riesigen Spass. Zum Abschluss gab's dann noch ein Eis in Eyeries, einem kleinen Ort, der für seine bunten Häuser bekannt ist. Dann beendeten wir diese 115km Etappe um viele schöne Eindrücke reicher.

Am nächsten Tag radelten wir zuerst nach Kenmare, dann weiter bergauf nach Moll's Gap. Von der Passhöhe ging's dann hinunter in den Killarney National Park, der durch seine Berg- und Seenlandschaft besticht. Die genussvolle Abfahrt endete für uns jedoch kurz nachdem wir den Upper Lake passiert hatten. Zwei Speichen brachen am Hinterrad. Ersatzspeichen hatte ich, obwohl der Stoker darauf gedrängt hatte, nicht für so wichtig gehalten. Den Versuch doch noch weiterzufahren, bezahlten wir mit zwei weiteren gebrochenen Spreichen. Da im Reiseführer stand, dass man den Nationalpark am besten zu Fuss erobert, beschlossen wir dies zu tun. Die nächsten 12 km schoben wir unser Fahrrad entlang der Fahrstrasse bis nach Killarney, wo wir dann unser Zelt aufschlugen. Bei einem Fahrradverleih konnten wir noch 12 alte Speichen ergattern. Diese mussten wir uns aus einem Stapel von wohl einigen Tausend Speichen raussuchen, wo mind. 95% kürzer waren als die, die wir brauchten. Als wir die erste passende gefunden hatten, waren wir doch erleichtert - denn wo eine ist, werden sich ja auch noch mehr finden lassen.

Den Rest des Abends verbrachten wir bei einem guten Essen, einem Guiness im Pub und mit dem Erwerb von ein paar Schmuckstücken mit keltischen Motiven für den Stoker.

Am nächsten Morgen hab ich dann das Hinterrad neu zentriert und Sandra hatte endlich genug Zeit ein paar Postkarten zu schreiben. Danach ging's weiter zur Halbinsel Dingle. Bei einer Rast am schönen Sandstrand von Inch trafen wir eine Tandem-Crew aus England, mit der wir gleich ins Gespräch kamen und unsere Erfahrungen austauschten. Dann ging's wieder weiter der Sonne entgegen über Dingle vorbei an schönen Buchten bis nach Sleahead. Dies ist der westlichste Punkt von Dingle, von wo man über das glitzernde Meer hinweg die Blasket Islands bewundern kann. Kurz bevor wir diese 105km lange Etappe beenden konnten, gab's noch einen Speichenbruch. Dieser war jedoch schnell behoben, da wir ja jetzt ausreichend Ersatzspeichen dabei hatten. Anderntags besichtigten wir Gallarus Oratory, ein frühchristliches Gebetshaus, das aus lose aufeinandergestapelte Steinen besteht, aber dennoch wasserdicht ist und eine Form hat, wie ein umgestülpter Bootsrumpf. Zurück in Dingle stärkten wir uns mit Milch und Nutellabroten, bevor es hinauf zum ConnorPass ging. Dort untermalte ein Harfespieler die Eindrücke der Touristen mit seiner Musik - wir konnten nicht wiederstehen und haben uns gleich eine CD mitgenommen. Die von uns, vor allem beim Schreiben dieses Berichts sehr gern gehört wird. Nun ging's in schneller Fahrt hinunter nach Trelee und weiter zum Badeort Ballybunnion.

In Tarbert setzten wir am nächsten Tag über den River Shannon mit der Fähre über. Von der Gegend um White Strand waren wir nach all der Höhepunkter der vergangenen Tage etwas enttäuscht.

Ein weiteres Highlight folgte aber schon am nächsten Tag mit den Cliffs von Moher. Kurz vorher hatten wir den sechsten, aber auch letzten Speichenbruch dieser Reise. Dann ging's über abgelegene Strassen durch den Burren, einer Landschaft, die aus lauter Kalksteinplatten besteht. Dieser schöne Tag endete in Galway mit einem hervorragenden ital. Essen.

Am nächsten Morgen zentrierten wir das Hinterrad nochmals. Dabei stellten wir fest, dass die letzte Stunde des Hinterradmantels auch bald schlagen wird. Daher zogen wir einen in Killarney erstandenen Mantel auf. Dieser aber eierte von der ersten Minute an, wohl durch einen Produktionsfehler bedingt. Zum eiernden Hinterreifen kam dann noch eine kräftige Brise von vorne. So endete dieser Tag ohne besondere Höhepunkte nach nur 53km in Carrarö. Dort kauften wir auch am nächsten Morgen wieder einen Ersatzmantel, den wir auch schon nach 48km aufziehen mussten, nachdem wir einen Platten hatten. Bei dem andern Mantel war nach 100km an einer Stelle von ca. 5 cm das Profil schon auf Null abgefahren. An dieser Stelle war dann auch der Schlauch kaputt. Wenigstens eierte jetzt das Hinterrad nicht mehr und so machte das Fahren auch wieder Spass. Wir hatten wieder ein Auge für die Moorlandschaft mit ihren tiefblauen Tümpeln der Connemara, wo gerade die Bauern mit dem Einfahren der getrockneten Torfbriketts beschäftigt waren, die in diesem Landstrich wohl noch vorwiegend als Brennmaterial verwendet werden. Abends haben wir dann noch einen Blick auf Kylemore Abbey geworfen, bevor wir eine sehr windige Nacht auf einem Campingplatz direkt am Meer verbrachten.

Auch die ersten 20km anderntags waren ein einziger Kampf gegen den Wind. Dann wendete unsere Route wieder mehr in Richtung Norden, so dass der Ostwind wieder mehr von hinten kam. Hier bestand der Reiz der Landschaft in den von hohen Bergen umgebenen Seen, die allerorts auftauchten. Kurz vor Westport, in einem windgeschützten Beergarden in der Sonne sitzend, beschlossen wir, von den Anstrengungen der letzten Tage müde, unsere Fahrt in den Norden Irlands hier zu beenden und den Rückweg durchs Landesinnere anzutreten. So fuhren wir diesen Tag noch weiter bis Knock (121km). Am nächsten Tag fuhren wir die 76km nach Roscommon und am darauffolgenden Tag auf grösseren Strassen eine 150km- Etappe bis nach Kilkenny.

Jetzt war Pause angesagt. Abends gings ins Pub mit irischer Musik. Der nächste Tag wurde für Shopping genutzt. Unser Gepäck wurde um eine gewachste Jacke und einen Irish Sweater und einige Mitbringsel erweitert. Am nächsten morgen sonnten wir uns dann ganz faul im Schlossgarten, besichtigten dieses auch und machten eine geführte Walking-Tour. Desweiteren genossen wir unsere Nachmittage mit Tea and Applepie. Der nächste Tag stand auch ganz unter dem Zeichen des Faullenzens.

Dann machten wir uns zu unserer letzten Etappe zurück nach Roslare auf. Es war nicht nur die letzte Etappe, sondern auch die einzige, auf der wir nass geworden sind.

Trotz der Pannen haben wirs aber nicht bereut, mit dem Tandem gefahren zu sein. Unsere einhellige Meinung ist, auch der nächste Urlaub wird wieder auf dem Tandem verbracht.


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Sandra Sampels

Letzte Änderung: 11 Nov 1997