Bau eines LED-Fahrrad-Fernscheinwerfer auf Luxeon Basis V3.0

Einleitung

Nach dem erfolgreichen Bau und Betrieb der Luxeon Fernscheinwerfers Delgado und Maxi wollte ich einen Fernscheinwerfer entwickeln, der einfacher nachzubauen ist, d.h. der ohne Spezialwerkzeug oder schwer zu beschaffende Materialien auskommt.

Herausgekommen ist der neue Luxeon Doppel-Fernscheinwerfer "Kant":

Kant vereinigt die Vorteile von Delgado (kein Spezialwerkzeug nötig) und Maxi (einfacher Zusammenbau und Justage). Der Nachteil ist das etwas "industrielle Design" :-)

Elektrisches

Identisch wie beim Delgado:
2 Luxeon 3W (LW3C) in Reihe geschaltet und ein Schottky-Gleichrichter davor für Dynamobetrieb.

WARNUNG

Dieser Scheinwerfer ist für den Betrieb an einem Fahrrad-(Naben)-Dynamo ausgelegt. Der Betrieb an Akkus, Batterien, Netzteilen oder anderen Spannungsquellen kann ihn innerhalb von Sekundenbruchteilen zerstören.

LEDs verhalten sich elektrisch völlig anders als klassische Glühbirnen.

Wer sich nicht mit LEDs auskennt, sollte try-and-error-Experimente damit tunlichst unterlassen. Mir sind inzwischen 4 Fälle von Nachbauern bekannt, die ihren Scheinwerfer zerstört haben, weil sie sich nicht an meine Anleitung gehalten haben und andere Stromversorgungen als einen Nabendynamo benutzt haben.

Ein Betrieb mit Akkus ist zwar prinzipiell möglich, ich habe es auch selber an meinem Winter-Spass-Rad so im Einsatz. Die Gefahr damit die LEDs zu zerstören ist aber derart hoch, dass ich die Anleitung dazu offline genommen habe. Wer sich auskennt, für den ist es aber kein Problem, Akku-Betrieb zu realisieren.

Optisches

Identisch wie beim Delgado.

mechanischer Aufbau

Von einem 40x40x2 mm Aluminium-Vierkantrohr werden zwei 40x50 mm Stücke heruntergesägt und von einem 40x2 mm PP-Abflussrohr zwei 26 mm Stücke:

Von einem weiteren Stück Aluminium-Vierkantrohr wird ein Winkel herausgesägt und mit 2 Löchern versehen. Die Vierkantrohrwürfel bekommen auch 2 Löcher, allerdings so, dass ein 5 mm Spalt beim Zusammenschrauben entsteht:

Diesen Spalt brauchen wir später für die Parallaxenausrichtung.

Auf die andere Seite bohren wir ein Loch für den Luxeonanschluss und löten diese auch gleich an:

(Achtung: In Reihe schalten, nicht parallel!)

Die Vierkantrohroberfläche, die Luxeonrückseite und die PP-Rohrinnenseiten werden nit 400-800er Schleifpapier angeschliffen und mit Alkohol entfettet.

Zwischen Luxeon und Vierkantrohr kommt eine dünne Lage Zweikomponenten-Epoxidkleber, um das untere Rohrende eine dickere. Das Rohr wird über den Luxeon gestülpt und die Mobdar-Optik lose reingestellt um den Luxeon zu zentrieren. Es empfiehlt sich eine Baby- oder Monozellen-Batterie zur Beschwerung auf den Mobdar zu stellen.
(leider kein Bild von diesem Zwischenschritt)

ACHTUNG: Die Mobdar-Optiken sind zwar rotationssymmetrisch, die Luxeons aber nicht! Die eigentliche Emitterfläche ist rechteckig und die wird von der Optik auch so projeziert. Man sollte daher die Luxeons so anordnen, dass die Emitterkanten parallel zum Vierkantrohr liegen, sonst bekommt man später auf Eck stehende Vierecke als innere Lichtkegel.

Der Mobdar hat einen Aussendurchmesser von 35.6 mm, passt also wunderbar in die 36 mm Öffnung des Rohrs. Damit er darin Halt findet, wird er eingeklebt. Ich habe dieses mal dazu Heisskleber verwendet:

Das Resultat ist aber wenig überzeugend ungleichmässig. Ich werde daher auch hier wieder nächstes mal zum 2K-Kleber zurückgreifen.

Zur Zugentlastung (wichtig!!) wurde das Anschlusskabel ebenfalls mit Zweikomponentenkleber eingestrichen und in das Loch verklebt. Damit ist auch gleich für Dichtigkeit gesorgt.

Die offenen Enden werden mit Iso-Matte verschlossen:

Als Scheinwerferhalter habe ich den Lenkerhalter von Riese+Müller gewählt, der stabil und sehr flexibel in der Montage ist. Aber jeder andere Scheinwerferhalter sollte es auch tun.

Es fehlt nur noch eine schwarze Lackierung:

Auch für Kant gilt dasselbe wie für Delgado und Maxi: das ist ein stark blendender Fernscheinwerfer und muss bei Gegenverkehr abgeblendet werden! Entweder mechanisch durch herunterkippen mit der Hand (bei Lenkermontage) oder durch elektrisches Abschalten,

Da Kant elektrisch und optisch identisch zum Delgado und Maxi ist, hat er auch diesselbe Ausleuchtung. Siehe "Maxi" in Olaf Schultz Scheinwerferausleuchtungsdiagramme.

2006-08-14


Variante Kant B.

Ein Derivat von "Kant" ist "Kant B.", der statt des PP-Rohr eines aus Plexiglas bekommt, das dann natürlich nicht lackiert wird.

Von einem 40x2 mm Plexiglasrohr wird ein Stück mit 20 mm Höhe abgesägt und verschliffen.

(Mein Exemplar des Plexiglasrohrs war leider leicht untermaßig, so dass die Mobdar-Optik gerade nicht mehr reinpasste und ich sie am Rand um 1/10 mm abschleifen musste. Das ging leidlich gut per Hand.)

Der Luxeon wird bedrahtet, unten dünn mit etwas Zweikomponentenkleber bestrichen und auf das vorbereitete Alu-Vierkantrohr (siehe oben) gesetzt.

Das Plexiglasrohr wird am unteren Ende ebenfalls mit Kleber bestrichen (vorher leicht anschleifen, damit er besser hält) und auf das Aluvierkantrohr gestellt.

Damit der Luxeon schön mittig ist und flach aufliegt, habe ich provisorisch die Mobdar-Optik als Zentrierhilfe genommen und mit einer Monozelle beschwert. Dabei immer wieder kontrollieren, ob auch alles sauber und gerade sitzt!

Dieses mal habe ich anstelle eines 5-Minuten-Klebers, der mir zu schnell fest wurde, UHU Plus Endfest 300 genommen. Der hat den großen Vorteil bei Raumtemperatur 2 Stunden verarbeitbar zu sein. Endlich keinen Stress mehr beim Kleben :-)

Ein weiterer Vorteil des UHU Plus Endfest 300 ist seine Hitzebeständikeit bis 180°C. Allerdings fliesst er auch viel mehr und bildet keine so schöne Wülste, da er ja mehr Zeit hat. Mit einem Heizlüfter kann man das Aushärten wesentlich beschleunigen.

Am Schluss wird die Optik noch mit Epoxidkleber befestigt. Zum Aufbringen des Klebers hat sich ein Zahnstocher bewährt. Der langsam härtende UHU Plus Endfest 300 wäre hierfür kontraproduktiv, da er vermutlich im Spalt zwischen Optik und Rohr nach unten fliessen würde. Das hätte unschöne Schlieren zur Folge.

Zur Stabilisierung des Ganzen kann noch der untere Rand des Plexiglasrohrs mit Kleber bestrichen werden.

Ein weiterer Vorteil des Plexiglasrohrs: es lässt sich wesentlich besser kleben als PP!

Der zweite Halbscheinwerfer wird analog gebaut und wie beim Vorgänger verschraubt und mit Isomatte abgedichtet (siehe oben).
Tipp: Alle nötigen Löcher vor dem Kleben bohren!

Und fertig montiert am Schlechtwetter-Fahrrad:

2006-11-10


Variante Kant B+

Ein weiteres Derivat von "Kant" ist "Kant B+", der die neueren SSC P4 LEDs mit 100 lm/W (doppelt so hell wie die Luxeon III!) bekommen hat und dessen Vierkantrohr seitlich umgebogen ist, so dass jetzt 5 Seiten aus Aluminium sind. Ausserdem wurde es schwarz lackiert.
(Die Bilder zeigen Kant B+ montiert an meinem Reiserad Flux S600)

Nach einiger Zeit brach dann aber nach einer "Feindberührung" eine Optikeinheit vom Kühlkörper ab. Epoxidkleber auf glattem Aluminium klebt nicht ausreichend.

Verbesserung brachte dann das Bohren von mehreren 2-mm-Löchern in den Kühlkörper im Kreis des Plexiglasrohrs, in die der Kleber dann "Wurzeln schlagen" kann.


Variante Kant B++

Ein weiteres Derivat ist "Kant B++", der mit Cree XM-L LEDs bestückt ist, die bis 3 A spezifiziert sind und damit 6 mal so viel Licht produzieren wie "Kant B+" bzw 12 mal so viel wie "Kant B".

Die 3 A kann ein Nabendynamo nicht liefern. Hier hilft ein zuschaltbarer 3xAA LSD-NiMH Akku.

Anstelle der Mobdar Optik kann auch eine Gaggione LLS05 Optik verwendet werden, die etwas breiter abstrahlt. Mit Akkubetrieb reicht dann auch ein "halber" Kant:

Im Vierkantrohr wird ein Umschalter (mit Mittelstellung aus) eingebaut, der zwischen 100 mA (10 Ohm) und 2 A (0.1 Ohm) umschalten kann. Mit ganz frisch geladenen Ni-LSD Zellen kommt man sogar anfangs auf 3 A!

Die 3 Ni-LSD werden mit flachen Supermagneten verbunden und am Ende jeweils verlötet.

Um den Akkupack via USB zu laden habe ich ein Ladekabel mit integriertem 3.3 Ohm Widerstand angefertigt:

Dieser 3.3 Ohm Widerstand sorgt dafür, dass selbst bei ganz leerem Akku nie über 500 mA fliessen. Wenn die Akkus voll sind, fliessen noch 200 mA, was C/10 Dauerladestrom entspricht. Der Akkupack ist somit nach spätestens 12 Stunden geladen.

Ausserdem wurden die inneren Datenleitung mit einem 150 Ohm Widerstand kurzgeschlossen, damit auch "sensible" USB Ports 500 mA zur Verfügung stellen.

Als Anschluss wurde ein Cinchstecker mit Heisskleber eingebaut. Stecker deshalb, weil das Kabel vom Akku eine Cinchkupplung haben muss um versehentliche Kurzschlüsse zu vermeiden.

Und so siehts montiert aus (noch nicht fertig lackiert und ohne Seitenabdeckung):


Hinweise

Inzwischen habe ich einige andere LED-Scheinwerfer-Modelle entworfen und gebaut.

Diese und andere innovative Fahrradscheinwerfer werden auf der [Rad-Licht] Mailingliste diskutiert.

Die deutsche Strassenverkehrszulassungsordnung schreibt für Fahrräder genau einen dynamobetriebenen 2.4 W Frontscheinwerfer vor (es gibt eine komplizierte Ausnahme speziell für Rennräder), der vom Kraftfahrtbundesamt zugelassen sein muß.

Bei PKWs sind vorne dagegen bis zu 10 Lampen mit insgesamt 330 W erlaubt, bei LKWs noch mehr. Redundante oder gar helle Fahrradbeleuchtung ist also im Geltungsbereich der StVZO verboten. Jeder möge sich seinen Teil dazu denken.

Der hier beschreibene LED-Scheinwerfer darf also in Deutschland nicht auf öffentlichen Straßen verwendet werden. Ich fahr deshalb damit auch nur im Ausland oder auf Privatgelände herum ;-)

Bezugsquellen (beispielhaft):

Luxeon, Mobdar:DIANA
Cree LEDs, Optiken:LED-TECH
Aluminium-Rohr:alu-verkauf.de
PP-Rohr, Kleber:OBI
Plexiglas-Rohr:Modulor
Acryl-Plexiglas-Shop
Gleichrichterdioden, Schalter:Reichelt


2007-08-05
Ulli 'Framstag' Horlacher